ver.di hatte gemeinsam mit dem Landesmusikrat und weiteren Organisatoren zum musikalischen Protest mit Tubamusik am 12. Mai 2024 vor das Brandenburger Tor aufgerufen. Gefordert wurden Festanstellungen für die Berliner Musikschullehrenden.
Zu den Rednerinnen gehörte auch Adriana Balboa, Vorsitzende ver.di-Fachgruppe Musik.
Rede von Adriana Balboa:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Freunde der Tuba und der musikalischen Bildung,
ich freue mich sehr zu sehen, dass viele Berlinerinnen und Berliner heute zu dieser Kundgebung gekommen sind, um ein Zeichen für die musikalische Bildung zu setzen!
Ich bin eine von ca. 2000 Honorarlehrkräften im Land Berlin, die die Basis-Arbeit an den öffentlichen Musikschulen leistet. In meinem Fall seit 25 Jahren in derselben bezirklichen Musikschule mit einem gleichbleibenden Arbeitsumfang und einem identischen Unterrichtsauftrag, so wie meine festangestellten Kolleg*innen. Viele Honorarlehrkräfte betreiben diesen Beruf – ohne jegliche Aussicht auf eine notwendige, der Inflationsrate angepasste Gehaltsaufbesserung – ein Arbeitsleben lang und darüber hinaus. Es müssen viele Kolleg*innen auch im Rentenalter weiter unterrichten, um ihre schmale Pension aufzubessern. Mit solchen Beschäftigungsverhältnissen verdammt das Land Berlin unsere Berufsgruppe – seit Jahrzehnten! – zu prekären Existenzbedingungen und letztendlich zur Altersarmut. Und damit soll nun endlich Schluss sein!
Dieses Einsparen von öffentlichen Mitteln auf Kosten unserer Berufsgruppe hat Nachteile nicht nur für die jetzige Generation von Musikschullehrer*innen. Es hat darüber hinaus verheerende Folgen für die Zukunft unseres geliebten Berufes, weil uns der Nachwuchs fehlt. Nicht nur an Musikschulen, sondern auch an den allgemeinbildenden Schulen fehlen Lehrkräfte im Fach Musik. Weil dieser Beruf als ein Beruf ohne Zukunft angesehen wird, gibt es zu wenig Interessierte für die musikpädagogischen Studiengänge an den Hochschulen. Die Aussicht auf eine Festanstellung mit auskömmlichem Gehalt würde sicherlich dieses, unser Berufsbild als Musikpädagogen für junge Menschen attraktiver gestalten.
Die Politik ist gefordert, endlich nach den im Koalitionsvertrag selbst gesetzten Zielen sozial, verlässlich und nachhaltig zu handeln und durch eine Umwandlung der Honorarverträge in Festanstellungen, das Musikschulangebot für Alle in Berlin zu sichern. Am besten über die ebenfalls im Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode vorgesehene Verabschiedung eines Musikschulgesetzes, das festangestellte Lehrkräfte zur Ausführung des Unterrichtsauftrags vorsieht und in dem die musikalische Bildung als eine Pflichtaufgabe der Bezirke verankert wird.
Die aktuelle Rechtsprechung durch das Bundessozialgericht, das sogenannte „Herrenberg-Urteil“ und die Änderung des Kriterienkataloges der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger macht das bisherige Beschäftigungsmodell an Musikschulen mit einem überproportionalen Anteil an Honorarlehrkräften obsolet und sollte zur Festanstellung aller Musikschullehrkräfte führen. Dies ist bereits bundesweit an vielen Kommunalen Musikschulen geschehen und muss nun auch in Berlin schnellstmöglich umgesetzt werden.
Für uns ist diese Festanstellung der Honorarlehrkräfte die einzig praktikable Alternative, um das musikalische Bildungsangebot qualitativ und quantitativ für die Kinder und Jugendlichen dieser Stadt zu erhalten.
Verzögerung seitens der politisch Verantwortlichen bei der Umsetzung wird unausweichlich zu Schüleraufnahmestopps sowie Kündigung von Schülerverträgen führen, wie es sich bereits an manchen Musikschulen ankündigt.
Umso dringender ist mein Appell an die Berliner Abgeordneten rasch zu handeln, denn NUR DIE FESTANSTELLUNG DER HONORARLEHRKRÄFTE SICHERT EINEN MUSIKSCHULBETRIEB SO WIE WIR IHN KENNEN UND SCHÄTZEN!
Vielen Dank für Ihre und eure Aufmerksamkeit!
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